"You’re in!" - Corvo im Juli 2007

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klee
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"You’re in!" - Corvo im Juli 2007

Beitrag von klee » 13.02.2008, 18:36

"You’re in!"

Das sind die magischen Worte unseres Vermieters auf Flores, der telefonisch die Bootsfahrt nach Corvo für den nächsten Tag klargemacht hat.

Das heisst also früh aufstehen und zügig frühstücken. Um 9 Uhr sollen wir in Santa Cruz am Hafen sein. Unser persönliches Taxi fährt uns hin: eine schöne Fahrt durch das morgendliche Hochland und über steilste Sträßchen, weil die Hauptstraße in Santa Cruz gerade gesperrt ist. Wir kommen etwas nach 9 Uhr an und ziehen noch die Regenklamotten über gegen den Fahrtwind.

Dann geht es los: Direkt vor der Küste von Flores sehen wir einige Delphine, denen unser Bootslenker kurz folgt. Dann drehen wir in Richtung Corvo ab. Der Himmel ist bedeckt, das Meer ruhig. Obwohl das Boot ziemlich laut ist und immer wieder auf die Meeresoberfläche schlägt, überträgt sich eine stille, gedämpfte Stimmung, noch verstärkt durch die lautlos dahin gleitenden Sturmtaucher.

Corvos Krater liegt unter einer Wolke, aber Vila Nova ist zu sehen. Die Häuser und die markanten Windmühlen kommen immer näher bis wir in dem kleinen Hafen anlegen.
Am Hafen warten schon zwei große Taxis, auf welche die Besucher verteilt werden. Eine Fahrt kostet den Einheitspreis von 5 Euro einfache Strecke (2007). Nun fahren wir hinauf zur mächtigen Caldeira bzw. zum Caldeirão, wie er hier aufgrund seiner Größe heißt.

An die Fahrt kann ich mich kaum erinnern, aber an den Moment, in dem ich das erste Mal in diesen beeindruckenden Kraterkessel schaue. Letztes Jahr hatte es nicht geklappt mit einem Besuch auf Corvo, da das Meer stets zu rauh gewesen war, aber nun stehe ich hier. Zuerst gehen wir ein Stück am Kraterrand entlang und genießen die herrlichen Blicke hinab in den grün-blauen Kessel. Die Seen und Inseln bilden eine einmalige Landschaft. Das Moos unter unseren Füßen ist herrlich weich, die Kühe beäugen uns neugierig und vorsichtig zugleich.

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Ich gehe dann alleine hinunter in den Krater. Eine traumhafte Ruhe. Eine einzigartige Stimmung zwischen den grünen Kraterwänden, den Wolken, den Hortensien am anderen Ende des Horizonts, wo der Atlantik westwärts für tausend Meilen kein Land mehr kennt. Während ich hinabsteige, klart der Himmel nach und nach auf und bringt die einprägsamen Farben des Caldeirão hervor. Das Blau des Himmels spiegelt sich auf wunderbare Weise im Blau der Kraterseen wider und die grünen Weiden und Inselchen leuchten im Wechselspiel von Sonne und Wolken auf. Winzige Kühe werden auf den Hügeln erkennbar. Ich setze mich auf einen Stein und versuche diesen Moment festzuhalten.

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Schließlich mache ich mich auf den Rückweg zum Kraterrand. Wieder bieten sich ständig neue Perspektiven und Lichtverhältnisse. Oben angekommen hat sich das Azorenhoch über Corvo stabilisiert und wir machen uns langsam auf den Weg hinunter in die kleinste Stadt Europas auf der kleinsten Insel der Azoren: Vila Nova do Corvo.

Die Sonne sticht und wir gehen die sieben Kilometer lange Asphaltstraße hinab, immer mit herrlichen Ausblicken auf hortensiengesäumte Weiden, Steinmauern, den blauen Atlantik und die Nachbarinsel Flores. Sogar das westlichste Stückchen Land Europas, den Felsen Monchique vor Flores' Westküste kann man von hier aus erkennen. Das Formidavel - profan ausgedrückt die Inseldisko unter freiem Himmel - liegt auf dem Weg. Wir sehen uns dort um und der Gedanke, dass man doch mehr Zeit hätte mitbringen sollen, drängt sich unweigerlich auf.

Schließlich sind wir über den Dächern von Vila Nova und sehen, wie nah hier alles beieinander ist: Hafen, Flughafen und die eng aneinandergerückten Häuser des Ortes. Denn mehr als ein Ort – wenn auch mit Stadtrecht – scheint es nicht zu sein. Ein Flugzeug wird heute wohl nicht erwartet, selbst im Sommer kommt der regelmäßige Flieger nur alle 2 Tage. Aber wir sehen ein Boot nach Flores fahren - es gibt einige Touristen und Güter zu transportieren - doch wir treffen auf fast niemanden, die meisten unserer Begleiter waren mit dem Taxi wieder hinuntergefahren.

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Unten angekommen gönnen wir uns zunächst einen Galão und viel Wasser. Danach sehen wir uns die alten Windmühlen von Corvo an, die direkt an der Südküste noch vor dem Flughafen stehen - umringt von unzähligen rosa-farbenen Azoren-Glockenblumen (azorina vidalii). Gegenüber liegt eines der wenigen Restaurants der Insel mit dem sinnigen Namen "Caldeirão", sprich: Kessel.

Wir gehen langsam zurück zum Hafen und kommen noch an einem alten Hafenbecken vorbei, wo ein Herr angelt und ein paar Mädchen ein Sonnenbad nehmen. Leider sehen wir hier auch unsere ersten beiden portugiesischen Galeeren (Quallen) dieses Urlaubs herumschwimmen. Es bleiben zum Glück auch fast die einzigen – nicht wie im Jahr davor, als sie wirklich überall zuhauf vorkamen.

Dann heißt es langsam Abschied nehmen. Am Hafen haben sich einige Inselbewohner versammelt und gehen unterschiedlichsten Tätigkeiten nach: Angeln, Baden, Tratschen, mit einem neuen Gefährt herumfahren, einen schlafenden Hund auf dem Auto der Nationalgarde beobachten. In einer Tonne wird Müll verbrannt. Eine Mutter bringt Ihrer Tochter das Schwimmen bei. Zwei Jugendliche springen von der Kaimauer ins Meer. Wir verweilen und warten bis unser Boot uns wieder aufnimmt und nach Flores zurückfährt.

Auch wenn wir dachten, dass dieser Tag nicht mehr schöner werden könnte, hatte er trotzdem noch eine Ãœberrraschung für uns bereit. Auf der Rückfahrt fuhr unser schnelles Motorboot ganz nah an der Nordostküste von Flores vorbei und zwischen den zahlreichen Felsformationen hindurch. Man kann dort etliche Wasserfälle sehen, manche davon stürzen über hunderte von Metern direkt hinab ins Meer. Eine atemberaubende Fahrt und der bestmögliche Abschluss für eine Corvo-Ausfahrt.

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