Warum Ferienhaus-Urlauber manchmal seltsam sind

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hjh
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Warum Ferienhaus-Urlauber manchmal seltsam sind

Beitrag von hjh » 20.10.2013, 08:01

Unter dieser Überschrift fand sich am 13. Oktober 2013 in der "Welt am Sonntag" der nachfolgende Beitrag. Da ich glaube, dass unter den Lesern dieses Forums auch viele Ferienhausmieter sind und auch einige Ferienhausvermieter, stelle ich den Artikel hier ein. Vielleicht erkennt der ein- oder andere sich sogar darin wieder.
hjh


Jeder vierte deutsche Urlauber mietet ein Ferienhaus oder eine Ferienwohnung. Wie sehen Menschen aus, die sich für eine Unterkunft mit Selbstverpflegung entscheiden? Eine Typologie, die überrascht.
Er hatte es doch nur gut gemeint. Ein Urlauber putzte das Ferienhaus in Frankreich so gründlich, dass er gleich auch noch ein paar Kilogramm Lavasteine aus dem Grill herauspulte.
Dann hinterließ er dem verdutzten Hausbesitzer eine Notiz. Darauf stand: "Irgendein Vollidiot hat Holzkohle in Ihren Gasgrill geworfen! Es hat ewig gedauert, bis alles sauber war!"
Überliefert ist auch der Fall eines britischen Urlaubers, der während seines Aufenthalts im spanischen Ferienhaus alle EU-Steckdosen gegen vertraute dreipolige britische Steckdosen ausgetauscht hatte. Ein Ferienhaus bekommt offenbar nicht immer den Gast, den es verdient.
Das britische Versicherungsunternehmen Schofields Limited hat kuriose bis garstige Beispiele gesammelt, was Urlauber in diesem Sommer so alles in Ferienimmobilien angerichtet haben. Ziemlich dreist und dickfellig benahm sich ein US-Ferienhausurlauber, der ungefragt eine Satellitenschüssel an der Hauswand installieren und Kabel durch die Zimmer zum Decoder legen ließ, um mehr Fernsehkanäle schauen zu können.
Peinliche Häkeldeckchen
Gar nicht so selten sind auch diejenigen, die Batterien aus "Fernbedienungen, Uhren und Rauchmeldern" entfernen und Glühlampen aus den Fassungen schrauben. Warum ein Gast alle Gardinenhaken im Haus mitnahm, bleibt sein Geheimnis.
Doch nur eine Minderheit benimmt sich dermaßen daneben. Die meisten Ferienhausurlauber fühlen sich dem Eigentum anderer Menschen verpflichtet, das sie für ein paar Wochen nutzen wollen.
Es ist auch so, dass man im Feriendomizil einen Blick ins Leben eines Fremden erhascht, da ist ein Mindestmaß an Respekt geboten, auch wenn man den Einrichtungsgeschmack seines Vermieters nicht unbedingt teilt.
So rückt man allenfalls den Rahmen des fremden Familienfotos gerade, versenkt das peinliche Häkeldeckchen in der Schublade, staunt über einen antiken Kassettenrekorder, in dem jemand eine leiernde "Benjamin Blümchen"-Kassette vergessen hat.
Unkraut rupfen
Der typische Ferienhaus-Urlauber fremdelt erst, um dann fürsorglich den Hausmeister zu spielen. Also bringt er die quietschende Türangel mit Öl zur Ruhe und rupft Unkraut zwischen den Steinplatten der Terrasse. Fast wie daheim.
Im Ferienhaus neigt man ohnehin zu erhöhter Achtsamkeit, sonst läuft man Gefahr, die hinterlegte Kaution nicht zurückzuerhalten. Diese Obacht lassen manche Hotelgäste missen.
Immerhin jeder vierte deutsche Urlauber mietet jedes Jahr ein Ferienhaus oder eine Ferienwohnung. Diese Zahl bleibt seit Jahrzehnten gleich, auch wenn sich die Vertriebswege ändern: Heute wird verstärkt über große Anbieterplattformen im Internet sowie über Reisebüros gebucht.
Warum aber entscheiden sich überhaupt so viele Urlauber für ein Feriendomizil mit Selbstverpflegung? Mehr Privatsphäre, Ungezwungenheit und Platz sind häufig genannte Vorteile, mangelnder Service und viel Hausarbeit sind die Nachteile.
Marktforscher versuchen seit Jahren vergebens, den Max Mustermann der Ferienhaus-Urlauber auszumachen. Eine Quintessenz vieler Umfragen besagt immerhin: Er ist berufstätig, über 40 Jahre alt, ziemlich gestresst und sucht Ruhe und Erholung an einem Ort, wo er sich "wie zu Hause" fühlen kann.
Herauskristallisiert haben sich fünf Urlaubertypen, die in Ferienhäusern und Ferienwohnungen gehäuft anzutreffen sind – und auch leicht wiederzuerkennen sind.
Der Traditionalist
Einmal Ferienhaus, immer Ferienhaus. Der Traditionalist schätzt erwartungsgemäß eine gewisse Konstanz im Leben und damit auch im Urlaub; Sicherheit ist ihm wichtig, Routine nicht unwillkommen, und meistens lebt er oder sie auch noch seit ewigen Zeiten beneidenswert glücklich in einer stabilen Beziehung.
Von ihnen stammen solche Sätze wie "25 Dänemark-Urlaube im Erwachsenenalter und 15-mal als Kind mit meinen Eltern dort gewesen" (ein Kollege) oder auch "Wir fahren seit Jahren entweder nach Bayern oder nach Föhr, immer in die gleichen Wohnungen. Nach Bayern geht immer eine Salatschleuder mit, nach Föhr immer ein Schneidebrett, und immer geht meine Kaffeepadmaschine mit", so schreibt eine Urlauberin in einem Ferienhaus-Forum.
Der Traditionalist ist ziemlich häufig unter Ferienhausurlaubern zu finden: Fast jeder zweite (44 Prozent) verbringt seinen Urlaub seit über zehn Jahren regelmäßig im Ferienhaus. Meist wird dasselbe Haus noch während des Urlaubs für das kommende Jahr zum selben Zeitraum reserviert oder ein ähnliches Objekt in der vertrauten Umgebung.
Der Traditionalist ist ziemlich häufig unter Ferienhausurlaubern zu finden: Fast jeder zweite (44 Prozent) verbringt seinen Urlaub seit über zehn Jahren regelmäßig im Ferienhaus. Meist wird dasselbe Haus noch während des Urlaubs für das kommende Jahr zum selben Zeitraum reserviert oder ein ähnliches Objekt in der vertrauten Umgebung.
Er mag es, wenn er genau weiß, was ihn erwartet. Überraschungen sind ihm ein Gräuel. Eine typische Aussage eines Traditionalisten lautet auch: "Nach drei Tagen habe ich das Gefühl, es ist 'mein' Haus." Deshalb neigt er auch nach einer Anstandsfrist dazu, das Mobiliar nach eigenem Gutdünken umzustellen.
Wenn er sich so heimisch fühlt, dass er anfängt, eigene Geschirrhandtücher, Vesperbrettchen und Kühlschrankmagneten zu platzieren, um sein Revier zu markieren, ist es für den Vermieter an der Zeit, ihn energisch in die Schranken zu weisen.
Der Sparsame
Man erkennt ihn oft daran, dass er gern eine antihaftbeschichtete Pfanne mitnimmt. Von ihm stammen Sätze wie "Die Chance, eine gute Bratpfanne im Ferienhaus vorzufinden, liegt bei unter 1:8, und die Chance auf eine saubere oder unbeschädigte Pfanne immerhin bei 50 Prozent. Da kann man schrubben und hoffen, dass die sich ablösende Antihaftschicht nicht gesundheitsschädlich ist."
Finanzielle Erwägungen spielen bei ihm eine entscheidende Rolle: Ein Feriendomizil ist nämlich normalerweise 30 bis 50 Prozent günstiger als ein vergleichbarer Hotelaufenthalt.
Die Selbstverpflegung nimmt er deshalb wörtlich und reist mit Kombi, Dachbox und Anhänger an und schafft es, den Stauraum bis in den letzten Winkel mit Konserven, H-Milch, Dosenbier-Paletten ("in Skandinavien 30 Prozent teuer") und nahrhaften Butterkeksen vollzustopfen.
Meistens "kocht Mutti vor", die Leckereien werden dann in Tupperdosen in der Kühlbox aufbewahrt. Eine typische Aussage eines sparsamen Urlaubers lautet: "Eine Ferienwohnung ist die einfachste Form des Tapetenwechsels." Er scheut Restaurantbesuche, auch übernimmt er die Endreinigung lieber selbst.
In einem Ferienhausforum schreibt zum Beispiel eine sparsame Urlauberin: "Mein Mann hat einen Ordnungsfimmel, der sogar im Urlaub nach jeder Mahlzeit saugt. Wir reinigen unsere Häuser lieber bei Abreise selber, um Geld zu sparen."
Der Familienmensch
Er entscheidet sich für ein Ferienhaus, um gemeinsam mit der Familie und Freunden wieder mal schön viel Zeit zu verbringen, um gemeinsam zu kochen und zu feiern. Unter einem Dach und mit genügend Platz, zwanglos und ohne Formalitäten.
Jeder taucht also auf, wann und wie er Zeit hat, die einen früher, die anderen später, und nisten sich für ein paar Tage ein. Ganz wichtig dabei: das Barbecue im Garten.
Eine typische Aussage von ihm lautet: "Es ist ein Urlaub mit Kindern, ohne das Gefühl der Einschränkung: Kinder dürfen so laut sein, wie sie wollen, und wir brauchen nicht leise zu sein, wenn die Kinder schlafen."
Der Familienmensch richtet sich im Urlaub genauso häuslich ein wie zu Hause und hat immer eine Spielesammlung parat. Ein gemeinsames Ferienhaus für mehrere befreundete Familien mit vielen Kindern oder mehrere Generationen mit Onkel und Tanten, Cousinen und Neffen birgt freilich auch gewisse Tücken.
Dauerbrenner sind Erziehungsdebatten über Zubettgehens-Zeiten oder Smartphones am Frühstückstisch. Familienfreunde klären deshalb die wichtigsten Grundsatzfragen schon vor der Reise, damit der Haussegen nicht schief hängt: What's App für alle.
Der Hundebesitzer
Nicht ohne meinen Hund. Das sagen 30 Prozent der Ferienhausurlauber. Da sind sie in königlicher Gesellschaft: Norwegens Kronprinzessin Mette-Marit und Kronprinz Haakon nahmen im Sommerurlaub gleich zehn Hunde mit ins Ferienhaus, Labradoodle-Hündin Milly Kakao und ihre neun Welpen.
Die meisten Hundebesitzer möchten im Urlaub ihre Vierbeiner dabeihaben und nicht in Tierpensionen unterbringen. Man erkennt den Hundefreund leicht an einer umgehängten Leine und einer blickdichten, gefüllten Tüte in der Hand und seinem ständigen Rufen und Pfeifen nach einem Hund, der nicht hören will.
Er bucht deshalb lieber gleich Ferienhäuser mit einem umzäunten Garten, damit der Hund Auslauf hat und Herrchen auch mal ausschlafen kann, weil das erste Gassigehen dann mal ausfallen kann. Seine Lieblingsziele sind Deutschland und Frankreich.
Eine Umfrage ergab, dass Brandenburger, Berliner, Urlauber aus Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen überdurchschnittlich oft mit Hund verreisen. Viele von ihnen fahren ausschließlich im März und November ans Meer: Dann meckert keiner, wenn sie mit dem Hund am Strand spazieren gehen.
Der Pingelige
Kaum angekommen, fotografiert er als Erstes "mit Tageszeitung und Datum" den Istzustand des Objekts, da "ein Bild gegen alles spricht". Grundsätzlich besteht er auch bei der Abreise auf ein persönlich unterschriebenes mehrseitiges Übergabeprotokoll. Er verbringt also seine Ferien vor allem damit, Mängel zu finden und zu dokumentieren.
Mit Bedacht konzentriert er sich auf privat angebotene Ferienhäuser und Wohnungen, bei denen die Besitzer nicht in der Nähe wohnen, um sie alsbald per Fax, Anruf und E-Mail wegen diverser Belanglosigkeiten nerven zu können ("Wo ist der zweite Briefkastenschlüssel?"). Es gibt eigentlich immer etwas zu nörgeln, was auch erklärt, dass nur 1,3 Prozent aller Urlauber rundum zufrieden mit ihrem Ferienhaus sind.
Interessanterweise sind es gerade Männer, die sich ärgern, wenn der Vermieter sich um nichts kümmert und sich noch nicht mal blicken lässt. Aus diesem Grund treibt der Pingelige den Vermieter oder stellvertretend die ortsansässige Agentur mit seinen Beschwerden fast in den Wahnsinn.
Immerhin: Er deckt manchmal auch die Sünden der Vormieter auf ("versteckte Brandlöcher im Teppich") und macht damit auf Missstände aufmerksam, auf die viele Vermieter nicht gekommen wären. Beliebt macht er sich dadurch nicht wirklich, aber er kann nun mal so gut wie nichts dem Zufall überlassen.
Typisch für Pingelige ist, dass sie niemals dasselbe Objekt ein zweites Mal buchen. Oder die Vermieter es geschickt zu verhindern wissen.

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